1984, B
Dass die Inszenierung im Berliner Ensemble die Gefühle auf Abstand und die Betroffenheit zur intellektuellen Aufgabe macht, ist eine große Regieleistung, denn sonst könnte man die Folter dieses Paares nicht lange ertragen, das hier als Protagonisten für eine total bewachte Gesellschaft ebenso mutig wie blind an eine gemeinsame Zukunft glaubt. Winston und Julia versuchen auch nach allem Schmerz und allem Verrat aneinander, das zurückzuerobern, was von ihren Körpern und Herzen übriggebleiben ist. Da ist wenig heil gebleiben, aber es gleicht einem Funken, der sich von Neuem entzünden kann. Aber wie sieht es aus in China, in Russland, in Lateinamerika, in vielen afrikanischen Ländern und asiatischen Staaten wie Nordkorea, wo eine mächtige Clique den Staat beherrscht, wo junge Männer als Kanononopfer verkauft werden und Hunger und Elend der Bevölkerung mit dem Bau von Atomwaffen ausgeglichen werden. Es gibt keine Hoffnung, wenn auch noch die Gedanken überwacht und getötet werden. Veränderung könnte nur wirklich von außen mit Hilfe der starken, noch auf ihre Demokratie gestützten Länder gedacht und verwirklicht werden. Ein auf die totale Vernichtung des freien Individuums bedachtes Regime kann sich sonst nur noch selbst auslöschen, wenn es keinen Menschen mehr hat, den es beherrschen kann.